Was braucht es, um Kinder nicht nur zu begleiten, sondern ihnen wirklich auf Augenhöhe zu begegnen? In diesem Beitrag lade ich dich ein, mit mir gemeinsam das Konzept der bewussten Elternschaft zu erforschen – fernab von Perfektion und starren Erziehungsmethoden. Es geht nicht nur darum, unsere Kinder besser zu verstehen, sondern vor allem uns selbst bewusster wahrzunehmen: unsere Prägungen, Bedürfnisse, Grenzen und Muster. Denn nur wenn wir uns selbst reflektieren, können wir unsere Kinder wirklich in ihrer Entwicklung unterstützen – mit Mitgefühl, Klarheit und einer Haltung, die Raum für echtes Miteinander schafft. Bewusste Elternschaft ist kein Ziel, sondern ein Weg. Ein Prozess, der uns auffordert, immer wieder hinzuschauen – mit Geduld, Achtsamkeit und Liebe.
Heute möchte ich mir ganz bewusst Raum nehmen, um mit dir darüber zu sprechen, was „bewusste Elternschaft“ für mich bedeutet. Zwar orientiere ich mich an der bedürfnis- und bindungsorientierten Erziehung, doch finde ich es spannend, das große Ganze zu betrachten.
Ich finde Bewusstsein unglaublich wichtig – nicht nur darüber, in welcher Entwicklungsphase sich unser Kind gerade befindet, sondern vor allem auch über uns selbst:
Wer bin ich? Was ist mir wichtig? Was sind meine Bedürfnisse – und wie bringe ich diese mit den Bedürfnissen der anderen Familienmitglieder in Einklang?
Denn nur wenn ich meine eigenen Grenzen kenne, kann ich sie auch wahren.
Deshalb halte ich es für essenziell, sich zuerst mit sich selbst auseinanderzusetzen. Jede Mutter und jeder Vater möchte seinem Kind den bestmöglichen Start ins Leben ermöglichen. Ich bin fest davon überzeugt, dass alle Eltern ihr Kind lieben und nur das Beste für es wollen.
Doch die entscheidende Frage lautet:
Ist das, was wir für das Beste halten, wirklich auch das Beste für unser Kind?
Dazu braucht es zum einen Wissen – etwa über die jeweilige Entwicklungsphase, über die Bedürfnisse, Gefühle und Wünsche deines Kindes. Gleichzeitig müssen wir anerkennen, dass Kinder bestimmte kognitive Fähigkeiten oder Erfahrungen einfach noch nicht haben. Zum anderen braucht es die Fähigkeit, die Vogelperspektive einzunehmen: mich selbst und mein Kind im Blick zu behalten und zu erkennen, was in der jeweiligen Situation der passende Weg sein könnte.
Dafür ist eine positive Grundhaltung wichtig. Nämlich:
Dein Kind handelt nie gegen dich, sondern immer für sich.
Es verfolgt seine Bedürfnisse – so wie wir es auch tun.
Gleichzeitig sollten wir uns bewusst machen, dass wir bereits eine Kindheit hinter uns haben, dass wir mit bestimmten Glaubenssätzen aufgewachsen sind, Traumata erlebt oder übernommen haben. Dass wir in einer Gesellschaft leben, die uns prägt – mit Normen, die in einem anderen Land oder zu einer anderen Zeit ganz anders aussehen würden. Dieses Bewusstsein ist für eine bewusste Elternschaft essenziell.
Natürlich können wir niemals alles erfassen – aber wir können uns vornehmen, unser Bewusstsein Schritt für Schritt zu erweitern. Genau das tue ich selbst: aus Liebe zu meinem Kind – aber auch aus Liebe zu mir selbst.
Ich lade dich ein, bei dir selbst anzufangen. Beobachte dich. Du wirst feststellen:
Es gibt Muster, Verhaltensweisen, Überzeugungen, die dich beeinflussen. Wenn wir verstehen, welche Auswirkungen unser Verhalten auf unser Kind hat, bekommen wir einen neuen Blick – nicht jede Wirkung ist beabsichtigt. Nicht alles, was wir tun, ist uns bewusst. Doch es wirkt – auf unser Kind und auf uns selbst.
Wichtig ist dabei: Es geht nicht darum, perfekt zu sein. Denn:
Perfekte Eltern gibt es nicht.
Wir sind Menschen. Wir haben Gefühle. Und unser Bestmögliches sieht nicht jeden Tag gleich aus.
Es gibt Tage, da gelingt es mir, mein Kind ruhig und wertschätzend in seinen Gefühlen zu begleiten – und an anderen Tagen nicht. Dann ist weder das Kind schuld noch die Nachbarin oder das Wetter.
Dann frage ich mich:
Was brauche ich gerade? Was kann ich tun, um wieder in meine Kraft zu kommen?
Vielleicht fragst du dich jetzt:
Wie erreiche ich eine bewusste Elternschaft?
Die Antwort: Es ist kein Ziel, sondern ein fortlaufender Prozess. Eine Haltung. Ein Weg.
Du beginnst damit, bei dir selbst hinzuschauen. Dich zu reflektieren. Verantwortung zu übernehmen – für dein Handeln, deine Worte, deine Reaktionen.
Und das ohne dich selbst zu verurteilen oder zu beschämen. Sondern indem du ehrlich zu dir sagst:
„Das war in Ordnung.“ Oder: „Das war nicht in Ordnung.“
Und dann den Mut hast, es beim nächsten Mal anders zu machen.
Nur wenn du dich regelmäßig reflektierst, kannst du deine Muster erkennen. Und nur dann kannst du sie durchbrechen.
Mach dir keine Sorgen: Du musst das nicht den ganzen Tag schaffen. Wichtig ist nur, dass du dich immer wieder daran erinnerst. Vielleicht merkst du es anfangs erst im Nachhinein – irgendwann wirst du es in der Situation merken und bewusst anders reagieren.
Sei dabei sanft mit dir selbst. Genauso geduldig, wie du es mit deinem Kind sein möchtest.
Wenn du es schaffst, dich aus der Vogelperspektive zu betrachten, erkennst du Dinge oft klarer. Wir fühlen uns schnell persönlich angegriffen – doch wenn du innerlich einen Schritt zurücktrittst, kannst du erkennen:
Dieser Angriff hatte vielleicht gar nichts mit dir zu tun, sondern mit dem Gegenüber.
Und ja, es wird auch Tage geben, an denen du es nicht schaffst. Auch das ist okay. Wichtig ist, dass du dich fragst:
Wie geht es mir gerade? Und wie geht es meinem Kind?
Ich bin überzeugt: Wenn wir bereit sind, Dinge zu hinterfragen, zu reflektieren und nicht nur deshalb so zu machen, „weil es schon immer so war“, dann entsteht Raum für Veränderung.
„Es hat mir ja auch nicht geschadet“, sagen viele. Aber ist das wirklich so?
Was hat dieses Verhalten mit uns gemacht? Wozu hat es geführt? Und:
Gibt es nicht vielleicht auch einen anderen Weg?
Wenn wir unsere Wunden und Verletzungen erkennen, können wir sie heilen. Dann schleppen wir sie nicht weiter mit uns herum – und geben sie auch nicht weiter.
Wenn du deinem Kind zeigst, dass es okay ist, Fehler zu machen – und dass man Verantwortung übernehmen und Dinge anders machen kann – dann lernt es unglaublich viel.
Denn Kinder lernen nicht durch Worte.
Sie lernen durch dein Handeln.
Deshalb ist es so essenziell, bei uns selbst anzufangen.
Und mir persönlich ist es ein großes Anliegen, das in die Welt zu tragen.
Ich wünsche mir mehr Eltern, die diesen Weg mitgehen – nicht perfekt, sondern bewusst.
Denn ich kann dir keinen Schritt-für-Schritt-Plan für Wutanfälle geben.
Es geht immer um:
Wer bist du? Wer ist dein Kind? Und welchen Weg könnt ihr gemeinsam gehen?