
Warum der Satz „Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt“ beim Essen mit Kindern oft mehr schadet als hilft – und wie du mit Vertrauen, Gelassenheit und kleinen Tricks wieder Freude an gemeinsamen Mahlzeiten findest.
Manchmal entstehen die besten Themen spontan – so wie dieses hier. Eigentlich hätte ich darüber wohl erst viel später gesprochen. Doch nachdem ich auf Social Media ein harmloses Foto von trockenen Nudeln gepostet hatte, ging es rund in den Kommentaren.
Meine Tochter hatte mich zur besten Köchin der Welt erklärt – während sie trockene Nudeln mit Streukäse aß. Und zack – das Internet hatte eine Meinung.
„Das hätte es bei mir nicht gegeben!“
„Das ist doch kein Essen!“
„Wie kannst du das gutheißen?“
Und genau da dachte ich: Lasst uns mal über dieses Thema reden.
Denn fast jedes Kind hat irgendwann diese trockene-Nudel-Phase. Nur: Warum triggert uns das so sehr?
Wenn Kinder etwas nicht essen wollen, fühlen wir uns schnell verantwortlich – oder sogar angegriffen.
Wir wollen alles richtig machen, sie gesund ernähren, ein gutes Vorbild sein.
Und plötzlich lehnt das Kind mit einem „Bäh!“ das liebevoll gekochte Gemüse ab.
In uns läuft dann unbewusst ein Programm ab:
„Ich bin doch die Mama – und du isst jetzt, was ich gekocht habe.“
Aber ist das wirklich Fürsorge – oder eher ein alter Glaubenssatz aus unserer eigenen Kindheit?
Ich habe es selbst erlebt – dreimal, bei drei Kindern.
Mein erstes Kind hat kaum etwas gegessen, obwohl ich alles „nach Plan“ gemacht habe.
Ich war frustriert, enttäuscht, fühlte mich abgelehnt.
Bis ich verstanden habe: Essen ist Beziehung. Keine Pflichtveranstaltung.
Kinder spüren sehr fein, was sie gerade brauchen.
Manchmal sind es einfach nur Kohlenhydrate in einer Wachstumsphase.
Manchmal ist es eine Abwehrreaktion gegen Bitterstoffe (die evolutionär sinnvoll waren, um giftige Pflanzen zu meiden).
Und oft ist es schlicht das Bedürfnis nach Kontrolle in einer Welt, die von Erwachsenen bestimmt wird.
Wenn dein Kind nur Nudeln isst, ist das meistens völlig normal und kein Grund zur Sorge. Das Essverhalten Kinderbetreffend, zeigt sich hier: Vertrauen ist wichtiger als Zwang.
Viele Eltern kennen diesen Satz. Und viele Kinder hassen ihn.
Denn jedes „Probier doch mal!“ schwingt eine Erwartung mit – ein unausgesprochenes „Mach das für mich“.
Stell dir vor, du sitzt im Restaurant, bekommst zehn fremde Gerichte serviert, und jemand sagt:
„Du musst von allem probieren, sonst kannst du nicht sagen, dass du es nicht magst.“
Fühlt sich schräg an, oder?
Genauso geht es Kindern, wenn sie sich gezwungen fühlen.
Essen wird dann zur Machtsituation – und verliert seine Leichtigkeit.
Der Wendepunkt kam für mich, als ich aufgehört habe, das Essen persönlich zu nehmen.
Wenn mein Kind sagt: „Mag ich nicht“, heißt das nicht: „Ich lehne dich ab.“
Es heißt einfach: „Ich will das gerade nicht.“
Seitdem gilt bei uns:
Erstaunlicherweise wurde das Essen dadurch entspannter – und die Kinder probieren freiwillig viel mehr.
Viele von uns sind mit Sätzen groß geworden wie:
„Der Teller wird leer gegessen.“
„Andere Kinder haben nichts zu essen.“
„Erst was Richtiges, dann Süßes.“
Diese Sätze sind tief verankert – und prägen, wie wir über Essen denken.
Doch sie haben mit Selbstbestimmung oder Achtsamkeit wenig zu tun.
Essen sollte nicht mit Schuld, Leistung oder Liebe verknüpft sein.
Ein Kind ist kein „guter“ oder „schlechter“ Esser.
Es ist einfach ein Mensch mit eigenen Vorlieben – genau wie du.
Gerade beim Essverhalten Kinder ist es wichtig, dass wir Vertrauen schenken und keine Bewertungen vornehmen.
Kinder dürfen lernen, ihren Körper wahrzunehmen:
Wann bin ich hungrig? Wann bin ich satt?
Wann esse ich aus Appetit – und wann, weil jemand anderes es will?
Das geht nur, wenn wir ihnen den Raum geben, das auszuprobieren.
Wenn sie auch mal satt sind, obwohl wir das nicht verstehen.
Wenn sie auch mal zuerst den Nachtisch essen dürfen – und wir einfach atmen und beobachten.
Am Ende geht es nicht um Nudeln, Brokkoli oder Soße.
Es geht darum, dass Essen Freude macht.
Kinder spüren: Ich darf mir selbst vertrauen.
1. Ist es ungesund, wenn mein Kind nur Nudeln isst?
Nicht zwangsläufig. Kinder haben Phasen, in denen sie bestimmte Nahrungsmittel bevorzugen. Solange das Kind gesund ist, normal wächst und Energie hat, ist das unbedenklich.
2. Wann sollte ich ärztlich abklären, ob etwas nicht stimmt?
Wenn dein Kind stark an Gewicht verliert, auffällig blass wirkt oder häufig krank ist. Lieber einmal mehr zum Arzt als zu wenig.
3. Soll ich mein Kind zum Probieren zwingen?
Nein. Zwang zerstört Vertrauen. Kinder lernen über Vorbilder und Neugier – nicht über Druck.
4. Wie kann ich gesunde Ernährung trotzdem fördern?
Biete Vielfalt an, sprich über Nährstoffe und beziehe dein Kind in Entscheidungen ein. Neugier entsteht durch Freiheit, nicht durch Zwang.
5. Und was, wenn andere über mein Kind urteilen?
Lächle innerlich. Du kennst dein Kind am besten. Essen ist kein Wettbewerb – sondern Beziehung.
„Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt“ war vielleicht früher eine funktionierende Regel.
Heute wissen wir: Verbindung entsteht nicht durch Kontrolle, sondern durch Vertrauen.
Wenn du das Thema Essen loslässt, entsteht Leichtigkeit.
Und wer weiß – vielleicht sitzt dein Kind eines Tages am Tisch, isst freiwillig Gemüse und sagt:
„Mama, du bist die beste Köchin der Welt.“