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Warum „Das hat uns auch nicht geschadet“ kein Argument ist

Veröffentlich
17.4.25
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Wir leben in einer Zeit, in der viele alte Muster hinterfragt werden – auch (oder gerade) im Umgang mit Kindern. Oft begegnet mir dabei ein Satz, der wie ein Schutzschild vor Veränderung wirkt: „Das hat uns doch auch nicht geschadet!“ Vielleicht kennst du ihn auch – aus Diskussionen, aus den sozialen Medien oder sogar aus deinem eigenen Kopf. In diesem Artikel möchte ich dich einladen, gemeinsam mit mir auf eine kleine Reise zu gehen. Eine Reise zu der Frage: Warum es sich lohnt, hinzuschauen, neu zu denken – und mit mehr Liebe und Verständnis zu handeln.

Warum „Das hat uns auch nicht geschadet“ kein Argument ist

Was bedeutet „es hat uns nicht geschadet“ wirklich?
Wenn wir ehrlich sind: Viele Menschen tragen psychische Belastungen mit sich herum.
Burnout, Ängste, depressive Episoden, Minderwertigkeitsgefühle – kaum jemand ist davon völlig frei.

Wissenschaftliche Studien zeigen, dass viele Dinge, von denen wir glaubten, sie hätten uns nicht geschadet, doch Spuren hinterlassen haben. Unsere Psyche ist sensibel – oft sensibler, als wir glauben.

Nur weil wir überlebt haben, heißt das nicht, dass wir unversehrt sind.
Hinterfragen statt verurteilen
Es geht nicht darum, die eigenen Eltern schlechtzureden.
Oder zu sagen: „Alles, was früher gemacht wurde, war falsch.“
Sondern darum zu erkennen:
Unsere Eltern haben nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt.
Oft haben sie schlicht keine anderen Möglichkeiten oder Werkzeuge gehabt.

Wenn wir heute neue Wege gehen, bedeutet das nicht, dass wir alte Wege verurteilen.
Es bedeutet, dass wir lernen möchten. Dass wir hinterfragen, was wirklich hilfreich ist. Für uns. Für unsere Kinder. Für die Welt.

Jedes Wort wirkt – in beide Richtungen
Jedes Wort, das wir zu unseren Kindern sagen – sei es liebevoll oder kritisch – wirkt.
Es hinterlässt Spuren.
Kinder sind feinfühlige Wesen. Sie hören nicht nur, was wir sagen – sie spüren, was wir meinen.

Und oft übernehmen sie unsere Worte, unsere Stimmungen, unsere Muster – auch die unbewussten.

Deine innere Haltung macht den Unterschied
Ein zentrales Element in der Beziehung zu unseren Kindern ist unsere innere Haltung.
Trauen wir ihnen zu, dass sie gut sind, wie sie sind?
Vertrauen wir darauf, dass Kinder von Natur aus soziale Wesen sind, die Teil der Gemeinschaft sein möchten?

Kinder brauchen unsere liebevolle Führung – aber keine Kontrolle.
Viele Dinge, vor denen wir uns fürchten (z. B. unhöfliches Verhalten, Chaos, Wutanfälle), lösen sich oft in Luft auf, wenn wir nicht mit Härte, sondern mit Verständnis und Geduld reagieren.

Kinder sind keine kleinen Erwachsenen
Ein einjähriges Kind weiß noch nicht, dass bestimmte Schubladen gefährlich sind.
Es rennt beim Essen um den Tisch, weil es Bewegungsdrang hat.
Es weint, wenn Mama den Raum verlässt, weil es Urvertrauen braucht.

Wenn Kinder laut, wild oder neugierig sind, dann sind sie lebendig.
Wenn sie traurig, wütend oder überfordert sind, brauchen sie Begleitung – keine Bewertung.

Viele von uns haben Sätze gehört wie:
„Stell dich nicht so an.“
„Hör auf zu weinen.“
„Du bist zu laut.“

Solche Worte hinterlassen Spuren. Und manchmal sind es diese Spuren, die uns heute daran hindern, unsere eigene Wahrheit zu leben.

Der Kreislauf kann durchbrochen werden
Die gute Nachricht:
Wir können den Kreislauf durchbrechen.
Auch, wenn wir selbst nicht liebevoll begleitet wurden. Auch, wenn wir schon Eltern sind.

Unsere Kinder sind unsere besten Lehrer. Sie zeigen uns unsere wunden Punkte – unsere Unsicherheiten, unsere Schatten.
Und genau da beginnt Heilung.

Wir dürfen uns selbst Mutter und Vater sein. Damit wir es für unsere Kinder sein können.
Miteinander statt Machtkampf
Wenn wir unsere Kinder in ihren Gefühlen ernst nehmen, entsteht eine neue Qualität der Beziehung.
Es geht nicht darum, alle Konflikte zu vermeiden – sondern darum, wie wir damit umgehen.

Ein Beispiel: Wenn ein Kind abends nicht ins Bett will, lasse ich es auch mal die Erfahrung machen, was es heißt, am nächsten Morgen müde zu sein. Und dann frage ich:
„Brauchst du Unterstützung?“
Statt mit Strafen zu drohen, bleibe ich im Gespräch.

Das ist keine Schwäche. Es ist Stärke in Verbindung.

Vertrauen statt Formung
Unsere Aufgabe ist es nicht, unsere Kinder zu formen wie Tonklumpen.
Unsere Aufgabe ist es, ihnen einen sicheren Rahmen zu bieten, in dem sie so sein dürfen, wie sie sind:

Wenn ich leise bin, bin ich gut.
Wenn ich laut bin, bin ich gut.
Wenn ich wild bin, bin ich gut.
Wenn ich traurig bin, bin ich gut.
Ich bin gut. Punkt.
Wenn Kinder das verinnerlichen, entsteht ein tiefes Vertrauen – in sich selbst und in andere.

Eine friedlichere Welt beginnt in der Kindheit
Ich glaube daran:
Wenn wir unseren Kindern Verständnis, Liebe und Echtheit schenken, dann tragen wir zu einer friedlicheren Welt bei.

Denn Kinder, die sich wertvoll fühlen, werden auch andere als wertvoll ansehen.
Kinder, die gehört werden, werden auch anderen zuhören.
Kinder, die sich zeigen dürfen, werden echte Verbindungen eingehen.

Zum Schluss: Lass uns gemeinsam wachsen
Das war nun wieder eine kleine Philosophiestunde. Vielleicht hat sie dich berührt, zum Nachdenken gebracht oder inspiriert.

Wenn du magst, teile diesen Beitrag mit deinen Mitmenschen – mit anderen Eltern, mit Großeltern, Lehrer:innen, Wegbegleiter:innen.

Und wenn du möchtest, schreib mir gern, wie dieser Text auf dich gewirkt hat.
Ich freue mich auf den Austausch. ❤️

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Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt.